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Nachricht vom 10.08.2025 Sonstiges

Kettenhaft statt Todesstrafe

Begnadigung einer Frau wegen eines Mordfalles

Schnaittenbach (Bericht von Reinhold Strobl)  In der Schnaittenbacher Stadtchronik von Dr. Heribert Batzl steht ein Absatz, der da lautet: „Zu einiger Bedeutung gelangten zwei Gewerbezweige, die allerdings nach einigen Jahren wieder eingingen: Die Tonwaren- und Teppichfabrikation sowie die Damast- und Leinenweberei. Letztere betrieb J. Taler aus dem Hause Nr. 12 mit 10 Gesellen und scheint dabei viel Glück gehabt zu haben, da er u.a. an den kgl. Hof nach München lieferte.“

Von einem königlichen Hoflieferanten jedoch hat Stadtrat Reinhold Strobl, der seit einiger Zeit die Geschichte der beiden Städte Hirschau und Schnaittenbach chronologisch aufarbeitet, noch nie etwas gehört. Deshalb ging er dieser Information nach, fand aber auch im Staatsarchiv Amberg dazu keine Unterlagen. Zufällig aber wurde ihm auch eine Akte über einen Vorgang vorgelegt, von dem er auch noch nie etwas gehört hatte, nämlich von einem Mord im Jahre 1850.

Dieser Mord wurde von einer Frau ausgeführt. Sie wurde mit dem Tod bestraft und kein geringerer als König Maximilian II. ließ „Gnade“ walten und wandelte die Strafe in eine Kettenstrafe um. Strobl: „Probleme hatte ich mit der altdeutschen Schrift, die ich nur zum Teil lesen konnte. Lena Weller, die ich zufällig im Staatsarchiv kennenlernte, erklärte sich freundlicherweise bereit, den Text zu transkribieren.“

Doch der Reihe nach: Frau M.D., in N. geboren, war zum Zeitpunkt der Tat 36 Jahre alt. Aus dem Gnadengesuch an den „Allerdurchlauchtigsten Großmächtigsten König“ vom „allerunterthänigst treugehorsamsten Oberstaatsanwalt am k. Appellationsgericht der Oberpfalz und von Regensburg“ ging hervor, dass es die Täterin in dieser Ehe nicht leicht hatte. Durch Aussagen von Zeugen stellte sich heraus, „dass die Streitigkeiten zwischen den D.- Ehegatten nicht in einer persönlichen Abneigung derselben gegeneinander, sondern einzig und allein in der zwischen der Frau und dem J.H., Vater der ersten Frau, welcher im Hause als Austrägler wohnen blieb, dann den herangewachsenen Kindern erster Ehe bestandenen Feindschaften ihren Grund hatten.“

Diese Geschichte, so Reinhold Strobl, erinnere an viele Erzählungen aus früheren Zeiten, wo Frauen in eine Familie hinein heirateten und es schwer hatten. Es kann sein, dass M.D. bereits zum zweiten Mal verheiratet war. Zumindest war der Familienname bei der Verehelichung anders als der Geburtsname. Sowohl das Königliche Amtsgericht als auch die Verwaltung der Marktgemeinde Schnaittenbach hatte lt. Schreiben vom 7. bzw. 8. Januar 1848 keine Einwendung „gegen die Ansässigmachung des Webersgesellen G.D. und gegen die Verehelichung mit der Schuhmacher-Tochter M.S.“.

In den Akten heißt es auch, dass „die Schuld nicht allein auf Seite der M.D. war, indem ihre Gegner sich im Hause einer Herrschaft anmaßten, welche die Wirksamkeit der Ersteren als Hausfrau und Mutter notwendig lähmen und ihr den Aufenthalt im Hause verleiden mussten, zumal die Herrschaft jener sich auch auf den körperlichen starken, aber wie es scheint gemüthsschwachen J.D. soweit erstarkte, dass er seiner persönlichen Zuneigung zu ihr ungeachtet sich zu einer freiwilligen Trennung der Ehe, welche bereits beim kgl. Pfarramte eingeleitet war, herbei gelassen hatte.“

Nach Aussage eines Zeugen war M.D. acht Tage vor der Tat nach Schnaittenbach zurückgekehrt, jedoch in das Haus ihres Gatten nicht eingelassen worden, weshalb sie diesen, um mit ihm sprechen zu können, in das Pfarrhaus rufen ließ. Nun wurde ihr zum Vorwurf gemacht, dass sie mit ihrem Ehemann geheime Zusammenkünfte im Stadel der Nachbarin gehabt habe.

Am Morgen der Tat wurde M.D. von ihrem 9-jährigen Stiefsohn auf Anstiften des Schwiegervaters empfindlich beleidigt, ohne dass der schwache Ehemann sie gegen diesen geschützt und den Knaben „gebührend gezüchtigt hätte“. Am Abend der Tat wurde sie auch noch von ihrem Ehemann beleidigt, „indem er in ihrer Gegenwart gegen eine Zeugin äusserte, er schäme sich, hier mit ihr herumzugehen.“ Geschah die Tat also aus Verzweiflung?

In der Nacht kam es dann zur Tat: Mit einem Schießgewehr schoss M.D. auf ihren Mann und brachte ihm eine Schusswunde im Nacken bei, welche dessen Tod unmittelbar zur Folge hatte. Sie wird für den am 19. Oktober 1850 verübten Mord an ihrem Ehemann zur Todesstrafe mittels Enthauptung verurteilt.

Im Gnadengesuch wird darauf hingewiesen, dass M.D. „nicht aus persönlichem Hass gegen ihren Ehemann, sondern vielmehr aus Rache und Feindschaft gegen dessen Familie, welche sich zwischen ihn und sie gedrängt habe, die Tat verübt habe. Am 30. August 1851 begnadigt sie Maximilian II. von Gottes Gnaden König von Bayern, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Franken und in Schwaben xx. die Täterin und wandelt die zuerkannte Todesstrafe aus Gnaden in eine Kettenstrafe um.

Allerdings war auch eine Kettenstrafe (sie fand sich im Strafgesetzbuch für das Königreich Bayern von 1813) nicht angenehm. Sie bestand darin, dass der/die Verurteilte mit einer eisernen Kette an die Wand des Gefängnisses angeschlossen oder durch eine an seine Füße gelegte schwere Kette in seiner Bewegungsfreiheit gehemmt wurde. Im deutschen Kolonialreich wurde die Kettenhaft gegen die indigene Bevölkerung bis 1915 verhängt.

alte Ansicht - Hauptstraße in Schnaittenbach - Foto von Ablichtung Reinhold StroblFoto: Ablichtung Reinhold Strobl
alte Ansicht - Hauptstraße in Schnaittenbach

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Foto: Ablichtung Reinhold Strobl
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