Hirschau (Bericht von Werner Schulz) In Hirschaus Innenstadt gab es in den 1950er Jahren sage und schreibe 14 Gasthäuser. Nachdem 2023 das „Goldene Lamm“ dicht gemacht hat, existieren mit dem „Goldenen Hirsch“, der „Schloss-Gaststätte“ und dem „Gasthof Weich“ noch ganze drei.
Letzterer feiert heuer sein 125-Jähriges. Mit der Traditionsgastwirtschaft hat es einige Besonderheiten auf sich! Die Einheimischen kehren nämlich nicht im „Gasthof Weich“ ein. Sie setzen sich beim „Gschrei“ zusammen. Beim „Gschrei“ kaufen sie auch seit 1947 frische Fleisch- und Wurstwaren aus eigener Schlachtung. Warum die Leute „Gschrei“ statt „Weich“ sagen, wissen die meisten selber nicht! Ihnen sei geholfen: 1900 kaufte der vom Scharhof stammende Metzger und Restaurateur Michael Gschrei, Uropa des heutigen Eigentümers Hans Weich, das Anwesen in der Hauptstraße 64. Im Parterre befand sich eine Sattlerei, im 1. Stock ein Wirtshaus. Dieses verlegte er nach unten, im 1. Stock richtete er seine Wohnung und unterm Dach drei Fremdenzimmer ein.
1930 übergaben er und seine Frau Elisabeth das Anwesen an ihre Tochter Anna. Sie hatte 1925 den vom Forst stammenden Metzger und Viehhändler Josef Weich geheiratet. Er hatte in Schnaittenbach Metzger gelernt und in der dortigen Bahnhofswirtschaft gearbeitet. So ist seit 100 Jahren der Name „Weich“ auf dem Anwesen, aber bis heute hat sich der Hausname „Gschrei“ gehalten. Über seinen Uropa und seinen Opa weiß Hans Weich jun. allerhand zu erzählen: „Mei Uropa ist alle Johr mit‘m Kommerzienrat Dorfner af München zum Oktoberfest g‘fohrn. Der Opa hot des aa g‘macht. Der is drei Tog blieb‘n. Er hot sein Schul- und Kriegskameraden, den Oberfinanzpräsidenten Hans Weiß, und sein jüngsten Boum Heiner b‘soucht.“
Josef und Anna Weich übergaben 1956 das Anwesen mit Gasthaus, Metzgerei und Landwirtschaft an ihren Sohn Hans, den ältesten ihrer fünf Kinder. Er heiratete im gleichen Jahr seine aus Hagendorf stammende Frau Margareta und ließ das Haus in seinen jetzigen Zustand aus- und umbauen. Nachdem es aufgestockt wurde, konnte man 16 Fremdenzimmer anbieten. Wegen des Einbaus von Nasszellen wurde die Zahl 1981 auf 14 reduziert. Sie sind gefragt bei Vertretern, Monteuren und zur Ferienzeit besonders bei Urlaubern.
1988 übernahm Hans Weich jun. mit seiner Frau Katinka das Anwesen. Seither wurden in der Wirtschaft, in den Zimmern und in der Metzgerei eine Reihe von Sanierungs- und Modernisierungsmaßnehmen durchgeführt.
Seit 125 Jahren präsentiert sich der Gasthof als gemütliches Oberpfälzer Wirtshaus, in dem Brauchtum und Tradition hochgehalten werden. Es ist kein Zufall, dass der Heimat- und Trachtenverein im September 1947 beim Gschrei gegründet wurde. Es ist auch kein Zufall, dass es Hans Weich sen. war, der 1977 die Hirschauer Kirwa wieder zum Leben erweckte. Das Bierzelt im Gschrei-Hof war alle Jahre proppenvoll - besonders am Kirwa-Montag, wenn in den Jahren 1981 bis 1988 die „Hirschauer Feieraoumdmuse“ mit ihren Gstanzln die lokale Prominenz derbleckte.
Von 1981 bis 1994 wurde im Kirwazelt jeweils ein „Wenzel“ bzw. eine „Wenzelin“ ausgerufen. Im Juli 1989 gründete sich beim Gschrei der „Hirschauer Wenzelkreis“. Er hatte sich die Forschung und Pflege von Hirschaus Geschichte um König Wenzel zur Aufgabe gemacht. 2018 löste er sich wieder auf.
Seine Verbundenheit zur Brauchtumspflege brachte Hans Weich sen. auch durch seine Kleidung zum Ausdruck. Oft wurde er als „Lederhosenwirt“ bezeichnet. Als er 1993 verstarb, führte Hans jun. die Kirwa-Tradition bis 1998 weiter. Seitdem wird sie in kleinerem Rahmen als Haus-Kirwa gefeiert.
Bis heute hält Hans Weich jun. auch die 1977 gegründete Tradition des „Böhmischen Freitag“ aufrecht. Die Idee zu dem volkstümlichen Musikantentreffen, das sinnigerweise seit Jahren am ersten Samstag im Monat stattfindet, hatten Hans Weich sen., der Müller Anderl und Alfons Schuller. So manche der auftretenden Musikgruppen war schon im Rundfunk zu hören oder im Fernsehen zu sehen. Auch Wirtin Margareta Weich, die im Februar ihren 90. Geburtstag feierte, spielte auf ihrer Zither zünftig auf. Überhaupt wurde in dem geselligen Wirtshaus immer viel gesungen und natürlich auch ein gepflegter Schafkopf gespielt. Beim Gschrei treffen sich viele Stammtische wie z.B. Oldtimerfreunde Hirschau oder die Haflingerzüchter- und Pferdefreunde aus Kemnath a.B.. 1974 hat Hans Weich Sen. mit der Haflinger-Zucht begonnen. Sein Sohn Hans führte sie viele Jahre erfolgreich fort. Mittlerweile züchtet er keine Haflinger mehr, hat aber noch drei Pferde im Stall.
Heute kann Hans Weich jun., den die Hirschauer nach wie vor „Gschrei Hans“ nennen, mit Stolz darauf verweisen, dass sein Gasthaus als einziges in Hirschau noch nie verpachtet, sondern seit 125 Jahren immer von der Familie bewirtschaftet wurde. Dabei soll es bleiben. Seine Söhne Josef und Sebastian sind Metzgermeister, letzterer obendrein Betriebswirt des Handwerks. Er soll die Metzgerei und das Gasthaus übernehmen, Josef die Land- und Forstwirtschaft. Außerdem setzt Hans Weich auch weiterhin auf die Unterstützung durch seine Schwester Christina. Jetzt wird erst einmal das 125-Jährige gebührend mit einem zünftigen Hoffest am Sonntag, den 13. Juli gefeiert!
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